Ich lasse das soziale Netzwerk laufen

Dass ich nicht facebookkompatibel bin, weiß ich. Da hat es mich irgendwie noch nie hingezogen. Wie bei Instagram der Hase läuft, weiß ich jetzt auch. Der Hase läuft schnell, aber sowas von. Da bin ich sportlich nicht ausreichend fit für. Also nicht „fit for fun“. Einfach Bilder hochladen, hat oder hatte schon seinen Reiz, zu Anfang. Schnelle Rückmeldung mittels eines Herzchens. Ist ja auch herzig. Da tu ich mal nichts weg von.
Ich lade da was hoch und wahrscheinlich 5 Milliarden andere auch. Eine bunte Bilderflut ergießt sich aufs Handy oder den PC. Ja fast schon ein Bildertsunamie.
Ich habe mich über die netten Kommentare gefreut und habe selber welche geschrieben. Und ich habe die letzte Zeit gemerkt, dass ich nicht ganz frei sein kann. Irgendwie bin ich oldschool. Nicht mit dem Handy in der Hand sozialisiert worden. Erhalte oder erhielt ich einen Kommentar, machte ich mir einen Kopf, ob jetzt zu antworten sei oder nicht. Vielleicht bin ich zu schnell und euphorisch losgeprescht. Na und. Man kann sich ja mal leidenschaftlich etwas hingeben. Klick – nettes Häkelbildchen hochladen und etwas gespannt sein, wie die Reaktion ist. Ich gebe es zum wiederholten Mal zu: mein Handeln ist nicht ganz frei von Eigennutz. Muss es auch nicht. Mir selber soll es schon auch gut gehen. So. Jetzt hab ich mich genug vor mir gerechtfertigt 😉
Also. Mit dem Posten von meinen Herzensdingen, meinen Häkelstücken, welche nach langer Zeit eines Schranklebens wieder das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben, hatte ich zunehmend das Gefühl, das mein Fabriziertes sich vom Gefühl her aushöhlt. Beim Häkeln setzte sich ab und an Frau Kommtdasgutan neben mich. Beäugte mein Stück und monierte dass ein schnellerer Output auch nicht von schlechten Eltern wäre. Frau Kommtdasgutan ging mir zunehmend auf den Keks. Wenn du das Gefühl hast, jemand schaut dir über die Schulter – nicht so prickelnd.
Um den bunten Instagramgedankensalat wieder auf den Punkt zu bringen: Ich bin zu bodenständig, zu verantwortungsbewußt in meinen sozialen Kontakten. Diesem schnelllebigen Herzchenaustausch fühle ich mich in meiner Art nicht gewachsen. Er überfordert mich. Vor allem jetzt, da krankheitsbedingt die volle Leistungsfähigkeit noch nicht erreicht ist. Um so eindringlicher die Erkenntnis, dass ich schöne Blogbeiträge einfach liebe. Ich kann mit viel Ruhe in den Beitrag eintauchen, kurze oder ausgefeilte Gedanken durch das Verweilen mitnachvollziehen.  Leider macht sich in der bunten Blogwelt der Konsum breit. Die Persönlichkeit des Schreibers geht zunehmend auf Kosten von Produktplazierungen flöten. Leider wird vieles kommerzieller und verliert an Charme. Für mich. Wichtig ist eine gute Balance. Ich will nicht in jedem zweiten Beitrag die Möglichkeit haben, irgendein Produkt zu gewinnen.
Ja, ich will spazieren gehen, weil ich es will ohne das Handy dabei zu haben, um einen likewürdigen Moment für das schnelle Netz einzufangen. Ich will häkeln, weil ich es will oder nicht zu häkeln, weil ich keine Lust darauf habe. Mit meinem Blog hier kann ich meine Freiheit viel besser ausleben. Auch wenn sich ein Hauch von „könnte mal wieder einen Beitrag einstellen“ hier erspüren lässt. Mit diesem Hauch kann ich gut umgehen.
Ganz pathetisch sage ich: Ich will frei sein! Das soziale Netzwerk tut mir nicht gut. Deswegen nehme ich aus der Sidebar meinen Instagrambutton. Lasse meinen Account fürs Erste einfach so stehen. Schaue mal was die Zeit so bringt. Ob ich mich rauslösche oder…
Ein Kabarettist auf Bayern2 sagte vor kurzem etwas sehr gutes: Da sitzen die Menschen vor dem Handy, PC und vereinsamen auf der Suche nach Freunden im sozialen Netzwerk.
Wie wahr!

11 Gedanken zu „Ich lasse das soziale Netzwerk laufen

  1. Hallo liebe Jutta,
    Dein neuer Blogbeitrag hätte auch von mir sein können. Ich finde es so herrlich, daß Du da genau die richtigen Worte über die „sozialen“ Netzwerke gefunden hast.
    Selbst habe ich zwar keine Webseite, da mich dies zu sehr unter Druck setzen würde. Umso lieber lese ich aber auch bei Dir sehr gerne mit.
    Du kommst so richtig bodenständig rüber.
    Ich schicke Dir ganz liebe Grüße.
    Karin

  2. Volle Zustimmung 100% !!!!
    Ich kann Dich sehr gut verstehen, bin selber auch nicht in diesen Welten unterwegs, hab ja nicht mal einen eigenen Blog. Aber ich freu mich immer über Deinen!

  3. Oldschool sein ,ist doch wunderbar. Ein Hobby sollte doch in erster Linie dem ausführenden Spaß bereiten, erst dann den anderen. Und es soll ja auch nicht in einem Wettstreit ausarten, denn dann wird die Kür zur Pflicht. Instagram und co. sind so gar nicht meins….besitze ja nicht mal einen Blog. Und kommentiere nur meine Liebsten Blogs…genau drei Stück, soviel zu Oldschool ?. Also…kann das stilllegen von Instagram total verstehen. Jeder so wie es ihm selbst guttut. Grüße vom Sofa….

  4. Ich kann dich sooo gut verstehen! Alles wird professionalisiert, mit jedem Hobby muss noch Geld verdient werden (ich dachte immer, ein Hobby kostet halt Geld) und schreiben oder lange Posts lesen mag auch nur noch eine Minderheit. Aber es gibt uns – die lesende und/oder schreibende Minderheit, die nicht nur Bildchen gucken und Herzchen verteilen mag. 🙂
    Herzliche Grüße,
    Corali

  5. Vielen Dank für diesen Post. Mir geht’s genauso. Ich schau mir gerne in aller Ruhe und mit ner Tasse Kaffee schöne, inspirierende Seiten, Einträge etc. an, aber dieses schnelle „Gehampel“ ist mir zu stressig und ganz oft zu platt.
    Und ich folge lieber wenigen, mir entsprechenden Blogs als im Internet alles sehen zu wollen. Geht ja eh nicht, also kann ich mir schon den Versuch sparen.
    Macht mich viel glücklicher deine Posts zu lesen und zu hoffen, dass du so schön, tiefsinnig und mit deinem Humor weiterschreibst wie bisher.
    Hier fühle ich mich immer gut aufgehoben?
    Liebe Grüße
    Eva

  6. Hallo liebe Jutta,

    ich kann mich den Vor“schreiberinnen“ nur voll und ganz anschließen!!!
    Abgesehen davon, dass ich kein Blog habe, bin ich weder bei facebook oder Ähnlichen noch habe ich ein smartphone. Ich kann ohne whatsapp gut leben (auch wenn manche in meinem Umfeld anderer Meinung sind).

    Ich freue mich schon sehr auf Deinen nächsten Beitrag.

    Liebe Grüße
    Mika

  7. Liebe Jutta
    ich kann dir und den anderen Kommentaren nur zustimmen. Instagram ist gar nicht mein Ding, facebook nur sehr eingeschränkt, aber Blogs liebe ich. Wie jetzt mit einem Kaffee hier sitzen, die Kreativität der Anderen zu bewundern, sich Anregungen holen und ein bisschen miterleben wie woanders so gelebt wird, ist einfach schön. Meinen eigenen Blog führe ich sehr locker und nur wenn ich Lust und das Gefühl was zu erzählen bzw. zeigen zu haben, also ganz stressfrei, obwohl es auch mal anders war und ich mir selbst den Druck gemacht habe Posten zu müssen, doch damit war der Spaß an der Sache weg und ich hab es runtergeschraubt bis es sich für mich richtig angefühlt hat.
    Mach weiter so,? ich schaue immer wieder gern bei dir vorbei.
    Liebe Grüße Sabine

  8. Ach liebe Jutta,
    du hast es mal wieder soo auf den Punkt getroffen!
    Ich bin alterstechnisch irgendwie so mittendrin (mit 35), und mir sind sie auch immer noch am liebsten, die liebevoll gestalteten Blogbeiträge, in denen man schön im eigenen Tempo versinken kann. Wo Kreativität noch gelebt wird! Wo man sich noch Zeit nimmt und nicht: Zack hier, zack weg! Ich kann diesen Konsumwahnsinn echt nicht mehr ertragen. Nur noch perfekte Bildchen, perfekte Körper und Werbung in allen nur erdenklichen Formen. Produkte statt ehrlicher Inhalt!! Ich konsumiere, also bin ich. Ich sage nicht, was ich jetzt am liebsten tun möchte, nur so viel, da ist irgendwie Übelkeit im Magen und da möchte was die Kehle hochklettern. Möchte nicht alle über einen Kamm scheren, aber natürlich meine ich diese gewisse Tendenz, die doch auf Dauer auch nicht glücklich machen kann, oder hab‘ ich da was nicht verstanden (ich werde wohl mal drüber meditieren müssen und hoffen, dass das Universum seine unendliche Weisheit über mich ausleert, zur Abwechslung mal)
    Liebe Grüße,
    Bianca

    1. Liebe Bianca,
      in der ganzen Fülle, welche uns umgibt, ist es manchmal nicht einfach seinen Weg zu finden. Meditiere nicht zu lange, sondern lauf einfach mal los. Ausprobieren und Erfahrungen sammeln, Fehler machen und keine. Hinter den ganzen hochgetunten Bildern stehen oder verstecken sich auch nur ganz normale Menschen, die mal fröhlich, mal traurig, mal gesellig, mal einsam sind. Jeder noch so tolle Body muss soetwas profanes tun wie z.B. täglich aufs Klo gehen 🙂

  9. „in der ganzen Fülle, welche uns umgibt, ist es manchmal nicht einfach seinen Weg zu finden. “

    Und schon hast du mir das Meditieren erspart, liebe Jutta! *thank you*

    Die einen machen es so, die anderen mit optimierten Body und Werbung.

    Dann probier‘ ich mal schön weiter *g*

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