Verreisezeit oder „Mein beschränktes Leben“

Bitte fragt mich nicht, wo ich meinen Sommerurlaub verbringen werde. Ich weiß es nicht. Den „Frühbucher“ in mir konnte ich bislang nicht entdecken. Den „Heimscheißer“ schon. Es bedarf eines gewissen Nachdruckes von zweiter Seite, um mich in die Puschen zu hieven, um neues Land zu entdecken. Ist auch meistens schön in neuen Gefilden.
Oberstes Ziel: die Normalität, das Alltägliche am Urlaubsort zu finden. Einkaufen im örtlichen Supermarkt, am Marktplatz rumlungern und Leute beobachten. Den kunst- und kulturbeflissenen Touri habe ich in mir ebenfalls nicht ausfindig gemacht. Stundenlange Fahrten zu diversen antiken oder prähistorischen Steinhaufen – äh – nein. Stundenlange Wanderungen auf reisetouristisch erschlossenen Wanderautobahnen – äh – nein.
Ich brauche kein weites Umfeld. Sorry.
Ich will auch nicht die ausführlichen Schilderungen meiner Mitmenschen über ihre ausschweifenden Urlaubsaktivitäten hören. Macht mir keinen Spaß, denn ich lebe mit einem beschränkten Horizont.
Es ist nicht die Ökobilanz, welche mich am Rumdüsen quer über den Erdball hindert.
Mein Wohlbefinden wird nicht auf drei Wochen Jahresauslandsurlaub komprimiert. Nein!!
344 Tage malochen, 344 Tage Alltagstrott, 344 pflichterfüllte, aber wohlfühlferne Tage, um 21 Urlaubstage auf der vermeintlichen Trauminsel, dem vermeintlichen Traumland mit vermeintlicher Schönwettergarantie zu verbringen. 21 Tage müssen 344 bescheidene wett machen. Das geht doch nicht. Da gerät der Urlaub unter Stress, Leute!
Ein Erwartungszwang, eine „Gute-Laune-Diktatur“ macht sich breit. Am Ende geht noch die Beziehung flöten. Neee, das ist nichts für mich.
Lieber mal nichts tropisches zur Unterhaltung beitragen, sondern die Mitmenschen mit einem kurzen Bericht über einen Donnerstagsabendspaziergang durch den nahen Wald langweilen und selbst eine weit höhere Wohlfühltrefferwahrscheinlichkeit als 21 Tage im Jahr bilanzieren können.
Ein beschränktes Leben hat auch seine Vorteile.

Ein paar Heimscheißerbilder:

 

 

 

 

8 Gedanken zu „Verreisezeit oder „Mein beschränktes Leben“

  1. Willkommen im Club! Mir geht es genauso!
    Dummerweise ist mein Mann sehr reiselustig. Das große Mädchen ebenso.
    Das kleine Mädchen hat nur eine Sache, die es wirklich arg beschäftigt – egal, wo wir uns befinden: beim Kinderarzt, am Beginn einer Wanderung, im Auto auf dem Weg zum Einkauf… –
    „WANN FAHREN WIR WIEDER NACH HAUSE???????“

    Hyggelig – so lautet das schönere Wort für „heimscheißerisch“ (hab ich gerade heute gelesen) und das ist sehr modern…

    p.s.: Dein Blog ist sooo toll!! Liebe Grüße!

  2. Kann mich da nur anschließen. Sitze grad mit einer Tasse Kaffee in der Sonne auf der Terrasse. Ein kleiner Mini-Urlaub… Liebe Grüße, Eva

    1. Huhu!

      Wer hat Dich denn geärgert, dass Du so viel darüber schreiben musst? 😉 Auch wenn ich selber gerne verreise, spreche ich mich deutlich gegen den Zwang aus, verreisen zu müssen. Als wenn das Leben sonst nichts wert wäre. Aber das ist ja nicht das einzige, was uns die Gesellschaft so vor gibt. Ich habe hier in der Weisheit des älter werdens gelernt: Ich muss gar nichts. Je mehr ich das verinnerliche, desto schöner wird mein Leben.

      Ach ja, und als Fotografen-Frau hat mich der Bildaufbau Deiner Schublade sehr begeistert.

      1. Danke meine „Schwestern im Verreisegeiste“ 😉
        Sich im Alltag kleine Urlaubsmomente schaffen und das Wohlbefinden
        versuchen, gleichmäßig über das Jahr zu verteilen. Überm Gartenzaun, auf
        der heimischen Terrasse oder ohne Erwartungsdruck am Urlaubsort. 🙂

  3. Mein Opa hat’s immer aufm Punkt gebracht: Urlaub in „Porta del Jardino“ (O-Ton, heißt aber schlichtweg: Urlaub am Gartenzaun). Grundsätzlich mag ich keinen Urlaub machen wo ich nur mit dem Flugzeug hinkomme oder wo ich die Sprache nicht spreche/verstehe. Zum Glück können wir öfters an der belgischen Küste abhauen, aber das ist auch mehr „ein nach Hause kommen“, denn meine Eltern wohnen in Blankenberge. Eine große Ausnahme von alledem: Schottland. Erklären kann ich’s nicht wirklich, aber das ist das Land, das jedes mal aufs neue meine Seele berührt. Nichtdestotrotz: Home Sweet Home! Zu Hause ist es immer am Besten – dort sind nl. meine Katzen und meine Wollvorräte… 😉

  4. Da wurde mir aber auch sehr aus dem Herzen gesprochen. Und seien wir mal ehrlich – als Mutter / Hausfrau bleibt doch der größte Teil vor oder nach dem Urlaub an uns hängen. Lieber 2 Wochen gleichmäßig Wäsche waschen als für 4 Personen nach 2 Wochen. Wir lieben den Urlaub mit dem Wohnmobil. Der eigene Rhythmus, das eigene Bett, die eigenen Sachen. Klar habe ich dann auch die Arbeit vorher oder hinterher, aber die Entspannung ist für mich größer. Und im Hotel am Frühstück sitzen und die Beine hochlegen oder handarbeiten….. hahahaha, stelle ich mir lustig vor. In diesem Sinne werde ich meinen nächsten Urlaub genießen, in dem Wissen, dass auch andere so ticken wie ich. Danke an Euch alle !

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